Ehebett

 April 2012

 

Ausgangssituation

Wenn ich mich nachts im Bett umdrehe, knarzt das Bett ganz fürchterlich. Nunja, es hat ja auch schon stolze 20 Jahre auf dem Buckel.
 

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Irgendwann wurde das für mich und meine Frau unerträglich und ich habe den Unterbau mit Winkeln, Zusatzbrettern und rund 30 Schrauben verstärkt.  

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Das hat ein Jahr geholfen, dann knarzte es schon wieder. Eine Fehlkonstruktion vor dem Herrn!
 

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Nachdem wir viel Zeit in Möbelhäusern verschwendt haben war klar: mein Traumbett hat ein schäges Kopfteil, indirekte Beleuchtung, Leselampe im Kopfteil, eine verstellbare Nackenrolle und einen stabilen Unterbau ohne Schrauben in Bewegungsrichtung. Und als Farbe favorisiert meine Frau hochglänzendes Weiß.  

  Dieses Traumbett war nicht käuflich zu erwerben. Und alles was dem nahe kam war unerschwinglich.  

Meine Lösung

Ich konnte meine Frau daher von der offensichtlichen Lösung überzeugen: Das Bett wird selbst gebaut! Und damit es gut aussieht kann ich es ja professionell lackieren lassen.  

  OSB-Platten sind billig und stabil. Aus Resten habe ich Quadrate gesägt, in der Mitte durchbohrt und mit PU-Leim 6 Füße zusammengeleimt.  

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Aus dem gleichen Material wurden dicke Tragbalken zusammengeleimt  

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Der Leim quillt beim Aushärten wie Bauschaum auf und entwickelt einen enormen Druck. Nachdem er mir ein Balkenende auseinandergerdückt hat, habe ich den Balken am Ende nochmal verleimt und diesmal dem Leim keine Change auf auseinanderdrücken gegeben  

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  Das Bett soll ein schräges Kopfteil erhalten. Das wird aus Stabilitätsgründen an die Wand geschraubt und ist nicht mit dem eigentlichen Bett verbunden.
Der Übergang vom schrägen Kopfteil zum Bett ist ziemlich raffiniert: Damit Kleinkram, der am Kopfende von der Matratze rollt, sich nicht gleich zwischen Kopfteil und Matratze verkeilt, habe ich eine kleine abgesenkte Ablage vorgesehen. Die Ablage muß so tief sein, dass man mit dem Kopf nicht drankommt wenn er in die Matratze einsinkt. Das ideale Maß wurde durch Ausprobieren auf dem Fußboden im Gästezimmer ermittelt.  

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  Die sichtbaren Bettelemente sind aus MDF-Platten gefertigt und erhalten eine glänzend weiße Lackierung. Hier der untere Teil des Kopfendes nach dem Grundieren:  

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In den Übergang zwischen der kleinen waagerechten Ablage und dem senkrechten Teil wurde mit Arcyl eine Hohlkehle aufgebaut, damit sich die Ecke später besser reinigen läßt.  

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(Der Cent liegt da nur für den Autofokus. Die rote Linie ist ins Foto gemalt. )  

  Beim leimen des Kopfteils musste ich teileweise tricksen, da meine Schraubzwingen zu klein sind:  

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Das Spachteln und ebenschleifen der Füße hatte ich mir viel einfacher vorgestellt. Tatsache ist, dass es mich über einen Monat gekostet hat, die Mistdinger halbwegs eben zu bekommen. Die 6 Füße haben ja 24 Außenflächen. Und alle waren krumm. Und schief. Und rauh.  

  Das nächste mal fertige ich die auf jeden Fall anders. Entweder aus senkrechten MDF-Streifen oder noch besser: ich baue sie wieder aus irgendwas und leime dann eine Verkleidung aus dünnem beschichteten glattem Material drumrum. Hartfaserplatten zum Beispiel. Dann muss ich nur noch die Ecken spachteln und die Flächen grundieren. Oder ich mach sie einfach aus Edelstahlrohr!
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  Irgendwann hatte ich alles gespachtelt, geschliffen und grundiert. Dann ging es ans lackieren.
Bevor ich das für ein paar hundert Euro einen Autolackierer machen lasse probiere ich es natürlich erstmal selbst. Wäre ja nicht das erste Stück Holz dass ich anmale - aber diesmal waren die Ansprüche an das Endprodukt halt ziemlich hoch. Also blieb die Filzrolle trocken. Da mir industrielle Hightech-Lösungen nicht zur Verfügung standen, beschloss ich, die MDF-Platten mit der Lackierpistole zu spritzen.  

  Also habe ich mal wieder ein Lackierzelt gebaut. Diesmal ist es ordentlich groß geworden. Es hat einen Rahmen aus Dachlatten und eine Seite ist mit einem Bettlaken bespannt.  

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Die Bauteile liegen auf Wasserkisten, die hinterher ziemlich weiß waren, aber problemlos zurückgenommen wurden.  

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  Über den Dachlattenrahmen kam billige Folie, durch die die Deckenlampe scheint:  

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Mein alter staubfreie Luft Puster füllte die Kammer mit recht sauberer Luft.  

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Dre Raum wurde schon am Vortag aufgeheizt um auf 25 Grad Raumtemperatur zu kommen. Eine halbe Stunde vor dem Lackieren wurde das Bettlaken pitschnass gemacht und ein Liter Wasser mit der alten Spritzpistole durch den Raum genebelt um Staub zu binden.  

  Als Decklack habe ich Contour Aqua-PU Gloss von Sigma gewählt und auch den passenden Primer benutzt.  

  Meine alte Lackierpistole ist inzwischen so gammelig, dass die Luft beim loslassen des Hebels volle Suppe weiterströmte. Ich wollte aber am Wochenende mit lackieren anfangen und brauche also eine Notlösung. Die richtigen Läden hatten schon zu, also habe ich mir die augenscheinlich Beste (und leider auch teuerste) Lackierpistole aus dem Baumarkt geholt.  

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Es ist schon erstaunlich, mit welch mieser Qualität das 60€ Teil aus dem Köfferchen fällt, dessen Deckel beim ersten Öffnen bereits aus den Scharnieren gebrochen ist. Dabei ist ein toller Blechschraubenschlüssel mit den Weiten 7.5, 8 9, 10, 12, 14, 17 und 19mm sowie ein hölzerner Eisstiel mit Borsten dran, ähnlich einer Zahnbürste. Den Anschlussnippel muss man laut Anleitung selbst mit (nicht beiliegendem) Teflonband einsetzen. Da habe ich lieber flüssige Gewindedichtung benutzt. Nach Anschluss an 3bar pfiff es aus 2 weiteren Verschraubungen, die ohne Dichtungen ins Druckgussgehäuse geschraubt waren. Auch eingeklebt. Sinnvollerweise haben die Schrauben dazu Schlüsselweite13, können also nicht mit dem Blechschlüssel rausgedreht werden. Das Teil hat einen eingebauten Druckminderer. Die Achse war so krumm, dass je nach Winkelstellung auch dort Luft rauspfiff. Da ich einen vorgeschalteten Druckminderer habe, brauche ich das Ding nicht und habe einfach eine dichte Stellung gewählt. Wo ich schon mal am Schrauben war, habe ich die Düsennadel rausgeholt. Die hatte an 2 Stellen völlig verharzte Ablagerungen. Wie gesagt: das Teil war neu! Da mir die Ablagerungen die Dichtungen innerhalb kürzester Zeit wegradieren würden, habe ich sie mechanisch entfernt, nachdem Nitroverdünnung und Aceton da nix ausrichten konnten. Immerhin: Farbe rausnebeln tut das Teil. Auch ohne groß zu spucken oder dicke Tropfen zu bilden. Aber das Reinigen dauert länger als das Lackieren, weil das Ding innen so total verbaut ist. Was man mit der Zahnbürste machen soll, habe ich noch nicht rausgefunden, den sie passt in keine der Öffnungen. Nach ein wenig rumspielen mit dem neuen Gerät habe ich dann das erste Brett lackiert.  

  Es gibt keine Fotos, wie ich mit Unterhose und Einmal-Maler-Ganzkörperkondom und Latexhandschuhen bekleidet mit Kopfhaube und der guten Dräger Gasmaske in der feuchtwarmen Lackierkabine schwitzend rumhantiere. Die Verkleidung sollte es allen Staubkörnern schwer machen, auf den Lack zu gelangen. Damit die Oberfläche auch wirklich perfekt würde, habe ich die Bretter kurz vor dem Lackieren mit Silikonentferner abgerieben, um dem Lack den bestmöglichen Halt zu ermöglichen.  

  Das Ergebnis war unterirdisch.  

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Nach längerem rumprobieren mit Druck- und Düsennadeleinstellungen und unterschiedlichen Viskositäten habe ich keine bessere Oberfläche als diese Orangenhaut hinbekommen. Zum Größenvergleich liegt eine M12 Mutter auf dem Lack:  

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Entweder habe ich das lackieren verlernt oder das Ding ist völlig unbrauchbar. In jedem Fall schade um den teuren Lack!
Also wurde die Pistole gereinigt und am Montag zurückgebracht. Der nächste Käufer wird sich wenigstens über die bereits eingeklebten Verschraubungen freuen.  

  Nach diverse Recherchen habe ich mich aus Preisgründen gegen eine professionelle SATA entschieden und dafür eine Pistole von Victor Air Tools geordert. Ein paar Tage später hatte ich eine JetStream I (K350-M) vom Airbrush-Studio München in der Hand, die etwa das doppelte wie der Baumarktschrott gekostet hat.  

  Die Investition hat sich voll gelohnt. Mit der handlichen Pistole war es überhaupt kein Problem, eine ordentliche Oberfläche zu zaubern. Viel problematischer war, das Ergebnis als Foto festzuhalten. Das Weiß ist halt toll glänzend und man kann sich drin spiegeln.  

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Statt einer M12 Mutter, bei der man von der Oberfläche gar nix sieht, habe ich mal einen Euro draufgelegt und schräg beleuchtet  

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Diese Makroaufnahme spricht für sich:  

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  Das Kopfteil hat einen eigenen Unterbau an dem auch die obligatorische Elektronik angebracht ist.  

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Die Elektronik dient zum schalten der Leselampen und der Unterbettbeleuchtung.  

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Das 12V ECO-Netzteil versorgt neben dem Bett auch meinen Wärmetauscher und meine Jumbo-Uhr , wodurch ich 2 Netzteile eingespart habe. Die Steckdosen werden mit bistabilen Relais geschaltet, die ich mit Heisskleber direkt in die Aufputzsteckdosen eingebaut habe.  

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Die Relais sind genial: Sie brauchen zum Umschalten nur 10ms lang 40mA bei 5V und können somit direkt an den Prozessor angeschlossen werden (mit 2 Freilaufdioden).  

  Zwischenzeitlich wurde dabei das Schlafzimmer zur Elektronikwerkstatt.  

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Ich musste mich ziemlich beeilen, da das Bett ja bis zum Abend betriebsbereit sein musste.  

  Unter den Längsträgern sind LED-Streifen mit insgesamt ca. 260 weißen LEDs verbaut , die ein schönes indirektes Licht spenden.  

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  Ein erster Probeaufbau mit Lattenrost:  

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Und mit Matratzen  

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Probeliegen: Da quietscht und knarrt nix! Kein Wunder: Ich habe keine Schrauben in Bewegungsrichtung. Spax oder Holzschrauben sind gar keine drin. Die Füße sind mit durchgeschraubten M10 Gewindestangen befestigt, der Rahmen hält im wesentlichen durch die Ausklinkungen welche mit sechs M6 Schloßschrauben zusammengepresst werden. Das müsste ein Leben lang halten, wenn man alle paar Jahre die Schrauben nachzieht. Um auf Nummer sicher zu gehen, können hierfür auch Tellerkopfschrauben verwendet werden . Tellerkopfschrauben werden gerne im konstruktiven Holzbau genutzt und zwar immer dann, wenn die Konstruktion viel Gewicht oder Windsogkräfte aushalten muss. Durch den Tellerkopf der Schrauben wird die Auflagefläche auf dem Holz vergrößert und die Schrauben haben dadurch deutlich mehr Auszugswiderstand als normale Senkkopfschrauben. Die Schrauben können darüber hinaus besonders fest gezogen werden, was für Stabilität und eine hohe Festigkeit der Konstruktion sorgt.  

 
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  Der anfängliche Drahtverhau unter dem Bett war nicht akzeptabel, da man da mit dem Staubsauger niemals durchkäme. Also wurde alles in einem Kabelkanal untergebracht.  

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Jetzt ist's erheblich staubsaugerfreundlicher und saugen ist auch nötig:  

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Bei genauem hinsehen erkennt man ein Problem der LED-Streifen: Der Kleber löst sich gelegentlich. Inzwischen habe ich die Streifen bestimmt schon 10 Mal wieder angedrückt. Da muss ich noch mal einen geeigneteren Kleber finden.  

  An den Kopfenden sind je 2 Taster angebracht:  

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Der obere schaltet die Leselampe, der untere die Unterbettbeleuchtung. Letztere geht ganz sanft an und aus (innerhalb von ca. 20 Sekunden). Damit kann man das Licht ausschalten und noch bequem den Raum mit ausreichend Beleuchtung verlassen.  

  Meine Frau hat aus einem halbierten Schaumstoffzylinder und etwas Stoff eine Nackenrolle gebaut:  

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Die Haltestreifen der Nackenrolle hängen lose hinter dem Bett und sind unten mit Gardinenblei gefüllt  

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Damit läßt sich die Nackenrolle einfach nach oben und unten verschieben, verstellt sich aber nicht von allein.  

  Das schräge Kopfteil mal von der Seite:  

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Die Leselampen sind Schwanenhälse mit einer 1W LED am Ende und speziellem Steckernetzteil (gab's bei Pearl ).
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Unter dem Bett sieht es so aus:  

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Bei genauerem hinsehen erkennt man das prachtvolle Wachstum von Wollmäusen:  

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Die sind unbeliebt und müssen regelmäßig entfernt werden. Mit dem Staubsauger kommt man da aber unheimlich schlecht hin. Außerdem haut man mit dem Staubsaugerrohr unweigerlich gegen die LEDs. Und es ist extrem unbequem, auf dem Bauch zu liegen, um mit ausgestrecktem Arm den Sauger bis hinten an die Wand zu schieben.  

  Meine Lösung ist in diesem Fall mal ausnahmsweise was extrem kommerzielles:  

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Der Staubsaugerroboter passt locker unters Bett und macht das Schlafzimmer in etwa 45 Minuten sauber.  

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Das ist nicht besonders effizient - ich brauche rund fünf Minuten. Aber das kann mir eigentlich egal sein, denn ich muss ja nicht dabei sein.
Die Technik scheint allgemein noch ein wenig in den Kinderschuhen zu stecken. In der Nähe des Nachttisches landet der Roboter andauernd und braucht dann einige Zeit, bis er aus der Ecke wieder rauskommt. Aber es sieht so aus als wäre er überall einmal gewesen, bevor er wieder auf seine Ladestation krabbelt.  

  Meine Frau freut insbesonders, dass ich jetzt nix mehr auf dem Boden liegenlasse, da der kleine Kerl ein Allesfresser ist.  

  Als Abschluss ein Bild vom Bett mit voller Beleuchtung:  

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Zum runterladen: Die Software der Lichtsteuerung mit grober Erklärung der Hardware im Quelltext: bettlicht.zip
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Aber der Seitenquelltext (strg-U) sieht auch interessant aus, zumindest wenn man ihn mit einem Monospace Font in sehr kleiner Schriftgröße betrachtet.

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